A+A Expert Talk: Schutz vor heimtückischen Gefahrstoffen bieten

„Schwefelsäure ist sozusagen ,ehrlich‘ – sie ätzt jede und jeden augenblicklich, wenn man keine adäquaten Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit ihr ergreift. Das Heimtückische bei Kontakt mit krebserzeugenden Gefahrstoffen dagegen ist, dass man deren Wirkungen erst viele Jahre später nach den Tätigkeiten – zum Beispiel in Form eines bösartigen Tumors – zu spüren bekommen kann“, sagt Dr. Christian Felten, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi), Er moderierte den A+A Expert Talk zum Thema Gefahrstoffe, bei dem vier Experten den rund 500 Zuhörenden Rede und Antwort standen. Die Vorträge der Experten zum Thema Gefahrstoffe können auf den Seiten der Basi als PDF heruntergeladen werden – dort gibt es zum Nachlesen auch die Antworten auf die Fragen, die im Chat gestellt wurden.

Dr. Christian Felten wies gemeinsam mit den Referierenden darauf hin, wie wichtig es sei, alle Beschäftigten zu sensibilisieren. Mitarbeitende müssten geschützt werden, auch wenn während des Umgangs mit dem Gefahrstoff unmittelbar keine schädlichen Folgen eintreten. Der Gefahrstoff-Check der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) stand im Mittelpunkt des A+A Expert Talks. Dieser Check ist ein kostenloses Online-Tool der Unfallversicherungsträger und der DGUV-Institute. Er kann in Unternehmen dabei helfen, herauszufinden, welche Gefahrstoffe etwa bei der Bearbeitung von Metallen oder Holz, in der Galvanik oder beim Herstellen von Arzneimitteln (Zytostatika) für Krebstherapien im Gesundheitswesen entstehen. Das hob Dr. Hans-Peter Fröhlich, Referatsleiter Chemische Einwirkungen und Messtechnik, BGHW – Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik hervor. Krebs entsteht meist durch Wirkung mehrerer Faktoren – etwa durch die Arbeit mit Benzol und durch das Rauchen, so Fröhlich. Er stellte unterschiedliche Schutzmaßnahmen vor (siehe Vortrag).

Durch den Check und seine neun Bausteine können rund 90 Prozent aller offenen Fragen zum Thema Gefahrstoffe abgedeckt werden – das erklärte Dr. Alexander Schneider, Sachgebietsleiter Zentrale Expositionsdatenbank Bereich Gefahrstoffinformation – GESTIS, Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), in seinem Vortrag. Der Check wird nach seinen Worten auch an die kommende neue Gefahrstoffverordnung angepasst, sobald diese in Kraft tritt.

Vor allem kleine Betriebe haben Schwierigkeiten, ihren Mitarbeitenden eine passende arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, sagte Dr. Lothar Neumeister, Referent Fachkompetenzcenter Gefahrstoffe, BG ETEM – Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse in seinem Referat. Der Gefahrstoff-Check biete hierbei Unterstützung. Und er erleichtere es, ein Expositionsverzeichnis zu erstellen, das dann bei der Zentralen Expositionsdatenbank (ZED) archiviert werden könne. Ein solches Verzeichnis weist nach, mit welchen Gefahrstoffen Mitarbeitende in ihrem Job zu tun hatten.

Dass die Belastungen durch unterschiedliche Stoffe auf einer Baustelle erheblich sein können, hob Diplom-Chemiker Rainer Dörr in seinem Vortrag hervor. Er ist in der Hauptabteilung Prävention – Referat Gefahrstoffe, BG BAU – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft tätig und erhofft sich von dem Gefahrstoff-Check, dass künftig mehr Schutzmaßnahmen und zusätzlich angebotene Praxishilfen der BG Bau eingesetzt werden.

Die Messe Düsseldorf stellt ein Whitepaper zum Expert Talk zur Verfügung. Der nächste Expert Talk zum Thema Nachhaltigkeit startet am 20. Juni 2023, 10 bis 11 Uhr. Weitere Informationen gibt es auf den Seiten der Messe Düsseldorf.

Hier können Sie sich die Präsentationen der Referenten herunterladen:

Die Fragen aus dem Chat werden hier beantwortet:

In der Umgangssprache werden die Begriffe oft bedeutungsgleich verwendet.

Das europäische Gefahrstoffrecht spricht von karzinogenen Stoffen (Carcinogens). Ein Stoff oder ein Gemisch, der/das Krebs erzeugen oder die Krebshäufigkeit erhöhen kann, wird als karzinogen angesehen (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP)). In der deutschen GefStoffV wird in § 2 Abs. 3 der Begriff Krebserzeugend definiert und erweitert (Stoffe und Tätigkeiten der TRGS 905 und 906).

Obwohl sonst in der GefStoffV die Bezeichnungen des EU-Gefahrstoffrecht über­nommen wurden, ist man bei der Bezeichnung Krebserzeugung geblieben.
Es gab in Deutschland die Kritik, es müsse Kanzerogene (statt Karzinogene) heißen, da es bei den bösartigen Krebserkrankungen neben den Karzinomen noch weitere Erkrankungen gibt (z.B. Sarkome, Lymphom).

Der Begriff Krebserregend wird im deutschen Gefahrstoffrecht nicht verwendet.

Diisocyanate stellen eine wichtige Substanzklasse in unterschiedlichen Branchen dar. Einerseits sind sie von hoher industrieller Bedeutung bei der Herstellung von Polyurethanen und (PU)-haltiger Materialien (Schäume, Kleber und Beschichtungen) und können dort nicht ohne Weiteres durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden. Andererseits wirken sie sensibilisierend und können zu beruflich verursachten Atemwegs- und Hauterkrankungen führen. In Deutschland werden jährlich rund 100 Anzeigen auf Verdacht einer Atemwegserkrankung durch Isocyanate (BK-Nr. 1315) gestellt, von denen wiederum zwischen 20 bis 40 Fälle als Berufskrankheit anerkannt werden. Bei einigen Vertreter dieser Substanzklasse (MDI, TDI) besteht ein Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung. Sie sind bisher aber nicht als krebserzeugend eingestuft.

Aufgrund ihrer Eigenschaft Allergien auszulösen, gelten ab 2023 zusätzliche Anforderungen. Die mögliche Sensibilisierung der Atemwege führte zu einer europäischen Beschränkung der Verwendung von Isocyanaten. Die Beschränkung besagt, dass die Anwender ab August 2023 vor der Verarbeitung eine Schulung zur sicheren Verwendung erfolgreich absolviert haben müssen. Die notwendigen Schulungsunterlagen muss der Hersteller zur Verfügung stellen.

Weitere Informationen dazu bei der BG BAU:

https://www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/gefahrstoffe/gefahrstoffe-beim-bauen-renovieren-und-reinigen/isocyanate

Der Begriff Nano definiert nur eine Größenordnung – 1 Nanometer ist ein Milliardstel Meter. Nano ist aber kein Gefahrstoffeigenschaft. Für die Beurteilung, ob ein Stoff krebserzeugend ist, ist nicht nur die Größe entscheidend. Asbestfasern oder Quarzstäube können in der Größenordnung Nano vorliegen, sind aber auch sehr biobeständig und können deshalb in der Lunge nicht abgebaut werden.

Schutzmaßnahmen bei ultrafeinen Aerosolen und Nanopartikeln am Arbeitsplatz
https://www.dguv.de/ifa/fachinfos/nanopartikel-am-arbeitsplatz/schutzmassnahmen/index.jsp

BG BAU zu Nanomaterialien
https://www.bgbau.de/themen/sicherheit-und-gesundheit/gefahrstoffe/gefahrstoffe-beim-bauen-renovieren-und-reinigen/nanomaterialien

In Russland, Kasachstan und China, aber auch in Brasilien und Simbabwe und einige weiteren Staaten. Kanada legte seine Asbestminen im Jahr 2012 still.

Gesundheitsschädlich ist das Einatmen von Asbestfasern. Es kann einerseits zu einer Staublungenerkrankungen führen. Längerfristig sind dann verschiedene Krebserkrankungen möglich. Gefährlich sind die einatembaren Stäube (Fasern), die verstärkt bei der Bearbeitung freigesetzt werden.

In Deutschland gilt seit 1993 ein Verwendungsverbot. In der EU darf Asbest nicht mehr verwendet werden. Heute geregelt in der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) im Anhang XVII „Beschränkungen der Herstellung, des Inverkehrbringens und der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe, Gemische und Erzeugnisse“. Dort finden sich unter dem Eintrag Nr. 6 die EU-weitgeltenden Beschränkungsmaßnahmen für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Asbestfasern und asbesthaltigen Erzeugnissen.

Wenn Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten und diese versichert sind, erfolgt im Falle einer Erkrankung ein Berufserkrankungsermittlung. Sind darunter Krebsfälle werden diese statistisch erfasst.

Werden Arbeitnehmer aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland entsendet (bis zu 24 Monaten), so bleiben sie in der Regel im Heimatland sozialversichert. Erkrankungen werden dann nicht in Deutschland statistisch erfasst.

Die meisten Selbstständigen, Unternehmerinnen oder Unternehmer sind in der Unfallversicherung nicht versichert. Das gilt auch für Einzelunternehmer (Ich-AG). Sie können sich aber freiwillig gegen die Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit in der gesetzlichen Unfallversicherung versichern. Krebserkrankungen werden nur von versicherten Personen erfasst.

Das Thema KEGS wird in Europa angegangen:

Roadmap – Roadmap on Carcinogens

USA: Home | Occupational Safety and Health Administration (osha.gov)

Da die in Deutschland versicherten Personen in der Regel auch in Deutschland arbeiten, stammen die Expositionen auch aus Deutschland. Personen, die zeitlich begrenzt im Ausland tätig sind, bleiben in Deutschland gesetzlich unfallversichert. Wenn im Falle einer Erkrankung eine Anzeige auf Verdacht einer Berufskrankheit erfolgt, so werden bei der Ermittlung die Expositionszeiten erfasst. Dazu zählen auch versicherte Zeiten im Ausland.

Wenn Essen und Trinken am Arbeitsplatz verboten sind, müssen auch geeignete Pausen- und Sozialräume zur Nahrungsaufnahme in erreichbarer Nähe zur Verfügung stehen. Verstößt ein Arbeitnehmer dann gegen diese Vorschriften und gefährdet dadurch sich und/oder andere Mitarbeiter, verletzt er seine arbeits­vertraglichen Pflichten. Als Folge dieser Pflichtverletzung ist im äußersten Fall sogar eine fristlose Kündigung möglich. Diese Sanktion wird aber schwierig, wenn Kontrollen fehlen, wenn Verstöße stillschweigend geduldet oder nicht sanktioniert wurden.

Im Falle von chromathaltigen Beschichtungen liegt eine krebserzeugende Tätigkeit vor. Die TRGS 561 Tätigkeiten mit krebserzeugenden Metallen und ihren Verbindungen ist zu beachten. Da beim Entfernen einer chromathaltigen Altbeschichtung nicht mit einem geringen Risiko zu rechnen ist, muss ein Expositionsverzeichnis geführt werden.

Blei und Bleistäube sind nicht als krebserzeugend eingestuft. Die TRGS 505 Blei ist zu beachten. Dort wird kein Expositionsverzeichnis gefordert.

Es ist damit zu rechnen, dass mit der nächsten Änderung der GefStoffV die Pflicht kommt, für fortpflanzungsgefährdende Stoffe (z.B. Blei) ein Expositionsverzeichnis zu führen (Aufbewahrungspflicht 5 Jahre).

Als krebserzeugend gelten Hartholzstäube.
Harthölzer sind z.B. Eiche und Buche, aber auch verschiedene andere Hölzer wie z.B. Mahagoni, Teak, Birke oder Ahorn. Ein – nicht abschließendes – Verzeichnis einiger Hartholzarten ist in der TRGS 906 „Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren“ in Anlage 1 veröffentlicht.
Über Beschäftigte, die gegenüber Hartholzstaub oder hartholzhaltigem Mischstaub (Mischung aus Hart- und Weichholzstaub) exponiert sind und bei denen eine Gefährdung der Gesundheit oder Sicherheit besteht, hat der Arbeitgeber nach § 14 Absatz 3 GefStoffV ein Expositionsverzeichnis zu führen.
Weitere konkrete Angaben sind in der TRGS 553 Holzstaub zu finden.

Schwierige Frage. In verschiedenen DGUV-Reports sind Tätigkeiten beschrieben und dazu bestimmte Messwerte angegeben (z.B. 90-Pezentil-Werte).
Diese Reports können durchaus eine Expositionssituation beschreiben.

Weiterhin zu empfehlen ist:

https://www.dguv.de/ifa%3B/praxishilfen/praxishilfen-gefahrstoffe/empfehlungen-gefaehrdungsermittlung-der-unfallversicherungstraeger-(egu)/alphabetisches-verzeichnis/index.jsp

Messungen im Freien sind sehr schwierig. Man kommt hier bei der Beurteilung und der Auswahl der Schutzmaßnahmen nur mit worst-case-Betrachtung weiter.

Nein. Es erfolgt keine Registrierung o.Ä., weshalb eine Zuordnung auf andere Geräte nicht möglich ist. Daher können es die Beschäftigten nur individuell in ihrem Browser bearbeiten.

GisChem ist bei den verschiedenen Praxishilfen im Check verlinkt.

Die sogenannte passive Lagerung findet in der TRGS 510 (Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern) keine Erwähnung.
Lagerung siehe u.a. Tabelle 1 der TRGS 510
Weitere Hinweise finden sie in:

DGUV Information 213-084 Lagerung von Gefahrstoffen
DGUV Information 213-085 Lagerung – Antworten auf häufig gestellte Fragen

https://downloadcenter.bgrci.de/shop/?query=Lagerung&field=stichwort

Eine Gefährdungsbeurteilung muss bezogen auf die Tätigkeit erfolgen.
Die zentralen Schritte sind die Festlegung der Tätigkeit, die Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen sowie die Festlegung und Durchführung der konkreten Arbeitsschutzmaßnahmen.
Die Tiefe und der Umgang sind abhängig von den ermittelten Gefährdungen.
Daher ist es problematisch, Muster vorzugeben.

Nein. Der Check ist aber auch auf mobilen Geräten (mobile Ansicht) darstellbar

Im Programm WINGIS der BG BAU finden Sie Produktgruppen zu Reinigungsmitteln und auch Sammelbetriebsanweisungen für verdünnte Anwendungslösungen.

https://www.wingisonline.de/

Die auch TRGS 555 erlaubt Gruppen- bzw. Sammelbetriebsanweisungen zu erstellen. Voraussetzung ist, dass bei Tätigkeiten mit diesen Stoffen ähnliche Gefährdungen bestehen und vergleichbare Schutzmaßnahmen gelten. Da eine Gefährdungsbeurteilung tätigkeitsbezogen durchgeführt werden sollen, ist eine Gefährdungsbeurteilung bezogen auf einen Einzelstoff auch dar nicht gewünscht.

Entsprechende Messungen können nur valide nur zertifizierte Messtellen durchführen. Eigene Messungen zur Beurteilung der Arbeitsplatzsituation sind in der Regel nur orientierend.

Die UV-Träger haben in verschiedensten Bereichen Messungen durchgeführt.

Siehe auch : https://www.dguv.de/ifa%3B/praxishilfen/praxishilfen-gefahrstoffe/index.jsp

Die Auswertungen von zahlreichen Messungen finden z.B. Eingang in Reports die vom IFA zur Verfügung gestellt werden.
Beispiel: Staub-Report, dort werden verschieden Staubarbeitsplätze beschrieben und Messwerte (90-Perzentil-Werte) angegeben

Richtig. Die Bedingungen sollten repräsentativ sein. Ferner wäre es schön, wenn Messungen öfters durchgeführt werden. Das ist allerdings auch eine Kostenfrage.

Schwierige Frage. Eine Messung soll repräsentativ sein. Kann ich es nicht beurteilen, den Stoff nicht ersetzen kann möglicherweise nur PSA schützen.

Stoffe/Expositionen müssen (!) erst ab der Legaleinstufung aufgenommen werden. Es kann (!) aber auch in die Vergangenheit hinein dokumentiert werden.

ODIN und GVS sind im Grunde Meldeportale der gewerblichen BG’en, denen sich andere Träger freiwillig angeschlossen haben. Ob sich die Bundeswehr oder Bundesbehörden diesem System angeschlossen haben, darüber liegen uns keine Erkenntnisse vor. Am besten direkt bei ODIN oder GVS nachfragen.

Die GDA und der Gefahrstoff-Check nehmen bestimmte Stoffe in den Fokus.
Selbstverständlich muss auch bei anderen krebserzeugenden Stoffen, bei Tätigkeiten mit diesen für einen entsprechenden Schutz gesorgt werden. Stoffe der Kandidatenliste der besonders besorgniserregenden Stoffe (SVHC) stehen unter Beobachtung, gelten in der Regel aber (noch) nicht als krebs­erzeugend. Sie können auch aufgrund anderer Eigenschaften in der Kandidatenliste stehen. Für sie muss daher kein Expositionsverzeichnis geführt werden.

Es hängt von der Expositionshöhe ab. Es muss eine mehr als geringe Gefährdung vorliegen, damit eine Aufnahme in das Expositionsverzeichnis verpflichtend ist.

Im Idealfall sollte die Höhe angegeben werden. Dies fordert auch die GefStoffV. Wenn aber keine Höhe bekannt ist, muss aber trotzdem ein Verzeichnis geführt werden und die Höhe wird dann nicht angegeben.

Verantwortlich ist der Arbeitgeber, der Aufgabe selbstverständlich delegieren kann. Hier gibt es leider keine Blaupause, da die Unternehmensstrukturen sehr unterschiedlich sind. Aber sollte stets fachkundiges Personal sein.

Die Nutzung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) entbindet den Arbeitgeber nicht von einer angemessenen arbeitsmedizinischen Vorsorge auf Basis der Gefährdungsbeurteilung. Bei einem vollständig geschlossenen System würde die ursprüngliche Gefährdung durch die Gefahrstoffe entfallen. Das ist aber bei der Nutzung von PSA nicht gegeben, da die Exposition von der richtigen Mitwirkung des Benutzers abhängt. Fehlverhaltung, Fehler bei der Benutzung können nicht ausgeschlossen werden.

Zum Beispiel in der ArbMedVV, Anhang Arbeitsmedizinische Pflicht- und Angebotsvorsorge, Teil 1: Pflichtvorsorge mit bestimmten krebserzeugenden Stoffen, wenn der Gefahrstoff hautresorptiv ist und eine Gesundheitsgefährdung durch Hautkontakt nicht ausgeschlossen werden kann.

Die DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen sind Empfehlung für die Betriebsärzte zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Sie erfordern daher schon ein umfangreiches ärztliches Fachwissen.

Nein, nur für Kategorie 1A und 1B Stoffe muss das Expositionsverzeichnis geführt werden, gekennzeichnet mit H350 oder H340.
Genauer Angaben finden sie im Abschnitt 1 der TRGS 410 Expositionsverzeichnis bei Gefährdung gegen über krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B.

Anorganische Faserstäube (außer Asbest) werden in der TRGS 905 Abschnitt 2.3 bezüglicher ihrer krebserzeugenden Wirkung bewertet. Voraussetzung ist immer, dass WHO-Fasern auftreten. Im Absatz 7 wird ausgeführt, dass alle dort nicht explizit aufgeführten anorganischen Typen von WHO-Fasern als krebserzeugend Kategorie 2 einzustufen sind.

Nein, nur Kategorie 1 A/B Stoffe muss das Expositionsverzeichnis geführt werden. Sie müssen krebsverdächtige Stoffe zurzeit nicht aufnehmen. Es spricht aber nichts dagegen, auch diese Stoffe aufzunehmen. Bis vor einigen Jahren war Formaldehyd als krebsverdächtig eingestuft, jetzt ist es krebserzeugend.

Asbest ist ein krebserzeugender Gefahrstoff und das Expositionsverzeichnis muss gemäß Gefahrstoffverordnung und TRGS 410 geführt werden.
Tätigkeiten mit geringer Exposition sind Arbeiten mit niedrigem Risiko im Sinne der TRGS 910, bei denen die Akzeptanzkonzentration von 10.000 Fasern/m³ unter­schritten wird. Nach TRGS 410 ist ein Expositionsverzeichnis zu führen, wenn der Schichtmittelwert die Akzeptanzkonzentration überschreitet. Somit muss das Expositionsverzeichnis bei Tätigkeiten mit geringer Exposition nach TRGS 519 nicht geführt werden.
Aus Vorsorgegründen sollte trotzdem ein Expositionsverzeichnis geführt werden, da diskutiert wird, die Akzeptanzkonzentration zu senken. So können die Expositions­zeiten für die Zukunft gesichert werden.

Die Verpflichtung ein Expositionsverzeichnis zu führen, liegt laut Gefahrstoff­verordnung beim Arbeitgeber. Im Falle einer Krebserkrankung eines Beschäftigten, helfen die Angaben aus dem Expositionsverzeichnis bei der Bewertung, ob es sich um eine berufsbedingte Erkrankung handelt. Kann dieser Nachweis nicht eindeutig geführt werden und das ist bisher aufgrund der langen Zeiträume oft sehr schwierig, wird die Anzeige einer Berufskrankheit in der Regel abgelehnt. Das Expositions­verzeichnis hilft, bei künftigen Fällen eine faire Bewertung durchzuführen.

Bei Tätigkeiten mit alter Mineralwolle können Fasern freigesetzt werden. Nach der TRGS 905 „Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungs­gefährdender Stoffe“ sind die aus „alter“ Mineralwolle freigesetzten Faserstäube als krebserzeugend zu bewerten. „Neue“ Mineralwolle-Dämmstoffe gelten als nicht krebserzeugend. In Deutschland stehen mit dem RAL-Gütezeichen gekennzeichnete Produkte zur Verfügung. Bei der Verarbeitung mit dem RAL-Gütezeichen gekenn­zeichneter Produkte sind lediglich die Mindestmaßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Stäuben nach Nummer 9 der TRGS 500 zu ergreifen.

Auf Baustellen muss immer mit einer Überschreitung des Beurteilungsmaßstabs für Quarzstaub von 0,05 mg/m³ gerechnet werden. Absaugungen können zwar Staub­expositionen verringern, wenn ihnen aber keine ausreichenden Informationen vorliegen, dass der Beurteilungsmaßstab unterschritten wird, muss ein Expositions­verzeichnis geführt werden.

F:      Wie ist das Thema (Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen und Expositionsverzeichnis) im Bereich Labor zu sehen, wenn alle Schutzmaßnahmen für Labore eingehalten werden und nur Fachpersonal beschäftigt wird?
Was ist in Laboratorien, wo eigentlich bei normaler Handhabung von keinem Kontakt ausgegangen wird?

F:       Unser Unternehmen führt eine Software basiertes Expo-Verzeichnis, in dem die Mitarbeiter ihre Verwendungen mit CMR-Stoffen eintragen und die Führungskraft das dann freigibt. Ist das so rechtskräftig? Oder sind z.B. Kleinmengen im Labor bei vollen Schutzmaßnahmen (Abzug, PSA) nicht dokumentationspflichtig?
F:      Die TRGS 410 definiert bestimmte Ausnahmen zur Aufnahme ins Expositions­verzeichnis u.a. sind Labortätigkeiten mit laborüblichen Mengen definiert.
Wie genau ist hier die Auslegung, wenn Mengen unter einem Gramm regelmäßig genutzt werden. Wo endet die Labortätigkeit?

A:      Die aus vielen Jahren vorliegenden Erfahrungen zeigen, dass in Laboratorien nicht mit einer Überschreitung von Grenzwerten gerechnet werden muss, wenn in diesen nach den Vorschriften und den Regeln der Technik gearbeitet wird. Insbesondere sind hier die TRGS 526 „Laboratorien“ und die Richtlinien für Laboratorien, jetzt „Sicheres Arbeiten in Laboratorien“ (DGUV Information 213-850) von Bedeutung. Das heißt, dass die sich daraus ergebenden Anforderungen umgesetzt sein müssen. Unter diesen Voraussetzungen muss dann nach TRGS 410 (Abschnitt 4, Absatz 4, Nummer 2) ein personenbezogenes Expositionsverzeichnis nicht geführt werden.

Wenn allerdings entsprechend der Gefährdungsbeurteilung gemäß TRGS 401 eine dermale Gefährdung durch Hautkontakt mit hautresorptiven krebserzeugenden Gefahrstoffen besteht oder wenn Chemikalienschutzhandschuhe als erforderliche Schutzmaßnahme getragen werden müssen, ist das Expositionsverzeichnis zu führen. Werden Schutzhandschuhe nur vorsorglich als Spritzschutz oder zur Vorbeugung vor ungewolltem Kontakt getragen, ist für diese Tätigkeiten kein Expositionsverzeichnis notwendig.