Wenn Gespräche im Büro unerwünschter Schall werden

Gespräche unter Kollegen, Telefongeklingel oder das ständige „Pling“ von Push-Meldungen in den Smartphones: die vielen Geräusche in modernen Großraumbüros senken das Wohlbefinden und bremsen die Produktivität. Das steht für die Verantwortlichen des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) fest. Die Experten machen darauf aufmerksam, dass schicke Working Spaces oder Kreativ- und Arbeitsräume ohne feste Schreibtische und Trennwände oft nicht ihr Ziel erreichen, gute Kommunikation und teamübergreifende Zusammenarbeit zu fördern. Denn vielfach sind diese Büros nicht gut raumakustisch geplant und mit Oberflächen aus Glas, Beton, Marmor oder Stahl ausgestattet. Dadurch hallen Geräusche lange nach oder verbreiten sich dauernd durch den gesamten Raum.

Selbst wenn ein solcher Lärm keine Ausmaße erreicht, durch die das Gehör geschädigt wird, so bleibt er doch nicht ohne Folgen für die Gesundheit und die Produktivität der Beschäftigten. Das gilt laut Dr. Florian Schelle, Lärm-Experte des IFA, vor allem dort, wo Konzentration und Aufmerksamkeit gefordert sind. Der Organismus reagiert mit Stress; Symptome reichen von Kopfschmerzen bis Depression. Bereits 2012 ergab eine repräsentative Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung unter 20.036 Erwerbstätigen: 13,6 Prozent der Männer und 12,6 Prozent der Frauen gaben an, unter Lärm am Arbeitsplatz zu leiden. Was Lärm ist, hängt dabei weniger vom Schalldruckpegel als von der menschlichen Bewertung ab: „Alle unerwünschten, belästigenden oder störenden, die Leistungsfähigkeit und Gesundheit beeinträchtigenden Geräusche sind Lärm. An Büroarbeitsplätzen kommt es so gut wie nie zu Lärmeinwirkungen, die das Gehör schädigen können. Es geht hier um extra-aurale, nicht das Ohr betreffende Lärmwirkungen mit gravierenden Folgen“, heißt es dazu in Topeins, dem Magazin der DGUV für Führungskräfte.

Dr. Markus Meis vom Hörzentrum Oldenburg, einem universitären An-Institut, hat sich der Erforschung dieser Probleme und dazu passender Lösungen verschrieben. Er spricht sich für eine Büro-Lärmbelästigungsskala aus. „Eine vergleichbare Skala existiert bereits für Flug- und Verkehrslärm. Wir sollten auch im Büro Grenzwerte festlegen, unterhalb derer sich niemand mehr gestört fühlt“, sagt Meis. Besonders lästig sind nach seiner Erfahrung Gespräche: „Wir können die Sprache verstehen und fühlen uns gestört, weil wir gezwungen sind, zuzuhören.“ In solchen Fällen greift laut dem IFA-Lärm-Experten Florian Schelle die Verantwortung der Betriebe: „Arbeitgebende sind verpflichtet, den Beschäftigten konzentrationsgerechte Räume zur Verfügung zu stellen“, betont er. Dies geschieht nach seinen Worten am besten durch eine regelmäßige fachkundige Bewertung der Lärmbelastung und –belästigung in der Gefährdungsbeurteilung.

Meis und Schelle sehen mehrere Möglichkeiten, den Lärm am Arbeitsplatz zu mindern: So können Verhaltensregeln festgelegt werden, damit Kollegen aufeinander Rücksicht nehmen und sich zum Beispiel für spontane Besprechungen zurückziehen. Meis spricht sich zudem für eine gute Arbeitsplatzplanung aus, dank derer Call Center und Kreativabteilung beispielsweise nicht direkt nebeneinander eingerichtet werden. Akustikdecken und dämpfende Wände oder Tischaufsätze im Büro können zudem zwei bis drei Dezibel Schall schlucken. Die derzeit in Überarbeitung befindliche DGUV Information 215-443 sowie das Lärmschutzarbeitsblatt IFA-LSI-01-200 geben einen Überblick über verfügbare Produkte und Materialien. Dort finden sich Bezugsquellen sowie praktische Hilfen und technische Daten zur akustischen Ausstattung von Büros. Weitere Informationen dazu und zu den Möglichkeiten, mehr Ruhe in Teamarbeitsflächen und Mehrpersonenbüros zu bringen, gibt es bei Topeins, dem Magazin für Führungskräfte der DGUV.