Professionen für Arbeit und Gesundheit

Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit sind ein dynamisch wachsendes Beschäftigungsfeld mit einer großen Vielfalt von Professionen. Unternehmen müssen sich verstärkt um die Themen Prävention und Gesundheitsförderung kümmern, um für neue Beschäftigte attraktiv zu sein. Diese aktuelle Entwicklung steht beim A+A Kongress 2017 im Mittelpunkt, wenn es am 20. Oktober um das Thema „Im Fokus: Professionen für Arbeit und Gesundheit – Ausbildung, Fortbildung und Zusammenarbeit“ geht.

Prävention und Gesundheitsförderung spielen eine immer größere Rolle in den Betrieben. Unternehmen beschränken sich heute nicht nur auf die Erfüllung gesetzlicher Auflagen, sondern beauftragen darüber hinaus eine Vielfalt unterschiedlicher Dienstleistungen vor allem zur Förderung der Gesundheit. „Das Handlungsfeld hat sich thematisch-fachlich und institutionell stark ausdifferenziert – mit einer wachsenden Zahl beteiligter Professionen“, sagt Bruno Zwingmann, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi). Zu den rund 70 000 bis 80 000 Fachkräften für Arbeitssicherheit sowie den circa 12 000 Betriebsärzten als den nach wie vor größten Gruppen und den „Spezialisten“ für Gefahrstoffe, Lärm usw. kommen die Arbeitspsychologie, Arbeitswissenschaft und Ergonomie sowie verschiedene weitere Disziplinen der Gesundheitsförderung (Bewegung, Ernährung, Entspannung) wie auch Fachleute für Integration und Inklusion.

„Die letzte Neufassung der DGUV Vorschrift 2 öffnete die Arbeitsschutzberatung schon für wichtige neue Themen wie z. B. die demographische Entwicklung. Die jetzt anstehende Reform soll die multidisziplinäre Struktur unseres Handlungsfeldes umfassend stärken – entsprechend dem Bedarf der Betriebe“, erklärt Bruno Zwingmann und ergänzt: „Wir haben den Schwerpunkt „Professionen“ gewählt, um Berufen und Tätigkeiten in Bereich Arbeit und Gesundheit ein Forum zu geben. Neben Fragen der Ausbildung und der Diskussion der jeweiligen besonderen Stärken der Professionen geht es vor allem um Kooperationsmöglichkeiten und – Notwendigkeiten.“ Dabei werden nicht nur Professionals, sondern auch Hochschullehrer und erstmals auch Studierende sowie Auszubildende angesprochen. Eine Umfrage der Basi und der Bergischen Universität Wuppertal zur Kommunikation und Kooperation der Professionen soll parallel dazu auf der A+A starten.

Qualifikationen je nach Branche gesucht

Der Schwerpunkt-Tag zum Thema Professionen beginnt mit einem Vortrag von Professor Dr. Bernd Siegemund, Geschäftsführer des BAD Gesundheitsvorsorge. Er erklärt: „Wir werden von Unternehmen oft gefragt, ob sich der Betriebsarzt oder die Fachkraft für Arbeitssicherheit, die wir vermitteln, in der jeweiligen Branche auskennt. Tatsächlich gelingt es uns häufig, jemanden mit einer passenden Grund-Qualifikation am Standort des Unternehmens zu finden – also etwa einen Chemieingenieur in einen Betrieb der Chemischen Industrie zu schicken.“ So werden beispielsweise die Fraunhofer-Institute im Hinblick auf den Arbeitsschutz nur von Sicherheitsfachkräften betreut, die eine Ingenieurausbildung haben. Vermehrt werde aber heute nach Qualifikationen im Bereich Psychologie oder Sozialwissenschaften gefragt, auch Sportwissenschaftler mit einer Zusatzqualifikation als Gesundheitsmanager sind gesucht.

Freiwillige Leistungen nehmen zu

Vor allem um der veränderten Nachfrage der Unternehmen nach der letzten Reform der DGUV Vorschrift 2 gerecht zu werden, müssen Firmen in der Arbeitsschutzberatung ihre Mitarbeiter weiterqualifizieren – der BAD z. B. mit rund 300 Seminarveranstaltungen jährlich. „Da wir uns als Systemanbieter verstehen, bieten wir jetzt viel mehr Maßnahmen an, die den spezifischen Ansprüchen des jeweiligen Betriebs gerecht werden“, erläutert Bernd Siegemund die neuen Entwicklungen. „Dadurch werden unsere Dienstleistungen auch mehr wertgeschätzt als früher. Den Unternehmern ist jetzt klar, dass sie nicht irgendwie betreut werden, sondern dass bestimmte Ziele und Ergebnisse erreicht werden sollen, und zwar zugeschnitten auf den jeweiligen Bedarf des Betriebes.“ Zwar seien die Verantwortlichen dadurch auch anspruchsvoller geworden und hätten eine höhere Erwartungshaltung, doch seien sie auch bereit, mehr Geld für diese Leistungen auszugeben. „Es gab in unserer Branche zunächst durchaus die Befürchtung, dass die neuen Regelungen der DGUV Vorschrift 2 sich nachteilig für unser Geschäft auswirken könnten. Tatsächlich machen wir aber heute nicht mehr 95 Prozent Umsatz mit vorgeschriebenen Leistungen wie früher, sondern 60 Prozent. Dafür hat sich der Anteil der freiwilligen Leistungen entsprechend vergrößert, vor allem im Bereich Gesundheit“, sagt Siegemund. So böten Unternehmen zum Beispiel Check-Up-Untersuchungen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements an, um in Zeiten des Fachkräftemangels neue Mitarbeiter zu gewinnen und zugleich die bisherige Belegschaft zu halten. „Bei den freiwilligen Leistungen gibt es keinen ‚Renner‘, der besonders nachgefragt wird – die Betriebe nehmen ein breit gefächertes Angebot an, das etwa auch Ansprüchen der zunehmend älter werdenden Belegschaften gerecht wird“, meint der Experte.

Unternehmen müssen attraktive Arbeitsbedingungen bieten

Folglich ist auch die BAD stets auf der Suche nach qualifizierten Bewerbern. Dies gilt auch für die klassischen Geschäftsfelder wie die Arbeitsmedizin mit allein im laufenden Jahr schon 60 Neueinstellungen. „Es könnten aber durchaus mehr sein. Wir haben hier einen Dauermangelzustand“, sagt Siegemund und ergänzt: „Ein Arbeitsschutzunternehmen muss deshalb heute auch selbst gute und attraktive Arbeitsbedingungen bieten, also z. B. die Möglichkeit, dass man seine Arbeitszeit selbst mit steuern und einteilen kann, keine Nacht- und wenig Wochenend-Dienste hat. Das ist mit ein Grund, weshalb sich auch viele Frauen unter unseren Beschäftigten finden.“

Nichtsdestotrotz blieben – aufgrund des bestehenden Mangels – gerade Ärzte schwer anzuwerben. In Deutschland will deshalb das Aktionsbündnis Arbeitsmedizin Nachwuchskräfte für die Tätigkeit in der Arbeitsmedizin begeistern. Und auf Unterstützung durch Ärzte aus dem Ausland kann man hierzulande meist nicht setzen. „In anderen Ländern herrscht ebenfalls Ärztemangel und es ist oft nicht einfach, erworbene Kenntnisse und Erfahrungen von Immigranten von den Landesärztekammern in Deutschland anerkennen zu lassen“, erläutert Siegemund. Von „Team Prevent“, den Auslandstöchtern der BAD, weiß er, dass es in anderen Ländern oft Vorbildliches gibt: „In Ländern wie Polen oder Tschechien arbeiten beispielsweise viel mehr Ärzte verschiedener Fachdisziplinen zusammen.“ Dort werde die kurative Betreuung direkt mit der arbeitsmedizinischen kombiniert. Beim neuen Schwerpunkt Professionen im A+A Kongress 2017 werden in drei parallelen Foren (von 10.45 bis 12 Uhr) unterschiedliche Zielgruppen angesprochen. Ein Überblick:
Forum 1
Moderiert von Dr. Frank Bell (DGUV) diskutieren hier Professionals über das Thema Kooperation und die Transparenz der Qualifikationen. Folgende Leitfragen sind vorgesehen: Welche Qualifikationen sind für eine erfolgreiche Beratung der Betriebe notwendig? Wie kann Kooperation der Expertinnen und Experten organisiert werden? Was lernen wir z. B. aus der SiFa-Langzeit Studie ? Darüber hinaus werden Modellvorhaben und beispielhafte Projekte vorgestellt.
Forum 2
Dieses Forum spricht Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer an, geleitet wird es von Silvester Siegmann (Heinrich-Heine Universität Düsseldorf). Diese Aspekte werden unter anderem im Mittelpunkt stehen: Wie relevant ist unser Lehrstoff für eine spätere Tätigkeit im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit? Welche Fähigkeiten sollen die Studierenden im Laufe des Studiums entwickeln oder stärken? Lernen die Studierenden in ausreichendem Maße Kooperation und interdisziplinäre Zusammenarbeit?
Forum 3
Studierende sind die Zielgruppe dieses Forums und des A+A-Kongresses, das Vincenzo Cusumano von der Hochschule Bonn Rhein-Sieg leitet. Er ist Studienleiter im weiterbildenden Studium „Präventionsberatung und betriebliche Beschäftigungssicherung“ und spricht mit den Teilnehmern über Fragen wie: Mit welchem Ziel studieren wir? Wie sehen künftige Berufsfelder aus?

Podiumsgespräch und Messebesuch

Die Veranstaltung schließt mit einem Podiumsgespräch unter Einschluss des Publikums (12 bis 13 Uhr). Basi-Geschäftsführer Bruno Zwingmann: „Wir diskutieren Ergebnisse aus den Foren und anschließend kann die internationale Fachmesse der A+A besucht werden. Dort stehen potenzielle Arbeitgeber an den Messeständen für Gespräche bereit.“ Ergänzt wird das Angebot durch informative Stände und Poster sowie Präsentationen von Studierenden. Besonderes high-light: Das Seminar Gesundheitskommunikation des Studiengangs „Gesundheit und Diversity“ der Hochschule für Gesundheit in Bochum hat sich über ein Semester mit unterschiedlichen Themen und medialen Präsentationen auf die A+A vorbereitet. Die Ergebnisse werden in Düsseldorf präsentiert.

Insbesondere für Studierende wird am 20. Oktober beim A+A-Kongress zudem ein interaktiver Workshop der ILO (International Labour Organization) zum Gesundheitsschutz für Kinder und Jugendliche angeboten. Mehr Informationen auch zu ermäßigten A+A-Kongress-Tickets für Studierende – der Besuch des Focus Professionen am 20. Oktober ist für Studierende kostenfrei – gibt es über die Basi-Homepage  sowie unter der A+A-Homepage.