Damit die Arbeit die Psyche in Ruhe lässt
Wer unter hohem Zeitdruck arbeitet, ständig unterbrochen wird oder störenden Lärm ertragen muss, trägt ein hohes Risiko, psychisch zu erkranken. Es gibt viele verschiedene Umstände, die die mentale Gesundheit beeinträchtigen können. Ein großes Thema, dem sich aktuell zahlreiche Studien, Forschungsvorhaben und Projekte widmen, die auch auf der A+A 2017 vorgestellt werden.
Wissenschaftliche Standortbestimmung
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat mit ihrer großen Studie “Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Wissenschaftliche Standortbestimmung” das Ziel, psychische Belastungsfaktoren bezogen auf den gesicherten Stand der Wissenschaft zu bewerten, Aufschluss über neue Arbeitsanforderungen durch den Wandel der Arbeit zu gewinnen sowie offene Forschungsfragen zu identifizieren. Jetzt wurden die Projektergebnisse veröffentlicht, gegliedert in die Themenfelder
- “Arbeitsaufgabe”,
- “Führung und Organisation”
- “Arbeitszeit”
- “Technische Faktoren”
- “Gestaltungsansätze”
- “Psychische Gesundheit”
Dabei zeigen sich Zusammenhänge von mehr als 20 Arbeitsbedingungsfaktoren mit psychischen Störungen, Muskel-Skelett- und Herz-Kreislauferkrankungen, dem Befinden, Beschwerden und der Leistung. In den wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich beispielsweise die Bedeutung der Erholungspause für erfolgreiches Arbeiten bestätigt.
Eine Zusammenfassung findet sich in der Präsentation von Isabel Rothe, Präsidentin der BAuA – zum Herunterladen auf der Basi-Homepage (Präsentation und Studie mit Reviews zu den 20 Arbeitsbedingungsfaktoren). Die Ergebnisse werden auch auf der A+A 2017 aus der Perspektive von Wissenschaft und Praxis diskutiert.
„psyGA“ bündelt das Know-how
Ein Projekt, das sich seit Jahren ganz praktisch mit Empfehlungen zur Erhaltung der psychischen Gesundheit befassen, trägt den Titel „psyGA“ (psychische Gesundheit in der Arbeitswelt). „psyGA“ bündelt das vorhandene Know-how in Sachen Gesundheitsförderung. Das Wissen wird für die verschiedenen Bereiche der Arbeitswelt aufbereitet und mithilfe erfahrener Kooperationspartner bekannt gemacht. Dieses Qualitätskonzept zur psychischen Gesundheit im Betrieb bietet viele Praxisordner (für Führungskräfte und Unternehmen) sowie Handlungshilfen, Hörbücher und eLearningtools, die hier zu finden sind.
Das Projekt psyGA ist an mehreren Veranstaltungen des A+A Kongresses 2017 beteiligt, so auch an der Reihe „Praxis Interaktiv: Gefährdungsbeurteilungen Psychische Belastungen in kleinen und mittleren Unternehmen“ und stellt im Marktplatz des Kongresses auf der A+A 2017 seine Praxisinstrumente vor.
Veränderte Einstellung von Führungskräften
Wie wichtig die Rolle von Führungskräften ist, wenn es darum geht, wirksam etwas gegen psychische Probleme von Mitarbeitern und deren gesundheitliche Folgen zu unternehmen, weiß Professor Bernhard Zimolong, Ehrenvorstand im Fachverband Psychologie für Arbeitssicherheit und Gesundheit (PASIG): „Gesundheit wird immer noch vielfach als Privatsache angesehen. Dass aber zum Beispiel Rückenschmerzen, die ein besonders häufiger Grund für Krankmeldungen sind, durch eine Veränderung der Strukturen innerhalb des Jobs positiv beeinflusst werden können, ist inzwischen durch Untersuchungen bewiesen.“ Das Ziel, weniger Krankmeldungen wegen Rückenschmerzen zu erreichen, haben die Mitarbeiter in 20 Finanzämtern innerhalb von fünf Jahren erreicht – das hat das Verbundvorhaben „Integrierte Netzwerk-, Organisations- und Personalentwicklung (INOPE)“, das von Pasig begleitet wurde, gezeigt. Zimolong: „Ein entscheidender Faktor war dabei die Tatsache, dass die so genannten Vorsteher die Arbeit neu und anders organisiert haben, so dass diese weniger stressig wurde.“ Die Mitarbeiter konnten beispielsweise frei entscheiden, ob sie in der Vollstreckung als Gerichtsvollzieher arbeiten wollten, und die Zusammenarbeit im Team wurde insgesamt gestärkt. PASIG bietet Schulungen für Führungskräfte an, die bereits sind, Strukturen innerhalb ihres Unternehmens im Hinblick auf eine neue und andere Präventionskultur zu verändern – ein wichtiges Thema im Kongress zur diesjährigen A+A, bei dem zu dem Thema eine eigene Veranstaltung gibt.
Forschung zu psychosomatischen Sprechstunden
Eine weitere Möglichkeit, Mitarbeiter bei Erkrankungen wie Depressionen oder bei Erschöpfungszuständen zu helfen, sind so genannte PSIB (psychosomatische Sprechstunden im Betrieb). Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) stellt auf der A+A 2017 ein Forschungsprojekt vor, das sich mit der optimalen Gestaltung solcher PSIB befasst. In Kooperation mit der Burghof-Klinik in Rinteln wurde eine psychosomatische Sprechstunde (PSIB) in Betrieben in Niedersachsen etabliert und durch die BAuA wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Mehr Informationen zum Projekt finden sich hier.
Unterstützung für kleinere und mittlere Unternehmen
Gerade kleine und mittlere Unternehmen setzen psychische Gesundheit viel zu selten auf ihre Agenda. Ein wichtiger Anlass für die Reihe „Praxis Interaktiv: Gefährdungsbeurteilungen Psychische Belastungen in kleinen und mittleren Unternehmen“, die die Basi zusammen mit dem Landesinstitut für Arbeitsgestaltung Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw) auf der A+A2017 organisiert. Dr. Kai Seiler, Präsident des Instituts, macht deutlich, weshalb das Thema eine solch zentrale Rolle spielt: „In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ist jede und jeder Einzelne von großer Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. Deshalb ist es besonders wichtig, dass längere Arbeitsausfälle und gesundheitliche Risiken durch vorbeugende Maßnahmen vermieden werden. Das Thema psychische Gesundheit muss daher schon allein aus wirtschaftlichen Gründen Teil der Agenda aller KMU sein.“ Seiler ist davon überzeugt, dass es in diesem Zusammenhang gerade kleineren Unternehmen zugute kommt, dass überschaubare Hierarchien und kurze Kommunikationswege eine ideale Grundlage für die unkomplizierte Anwendung von Gefährdungsbeurteilungen, Verhältnisprävention und Kommunikationsroutine sind. Seiler: „Entscheidungen können dann außerdem schnell umgesetzt werden.“
Auch die Mitwirkenden des Projektes “Maßnahmen und Empfehlungen für die gesunde Arbeit von morgen” (MEgA) haben sich auf die Fahnen geschrieben, in diesem Bereich Unterstützung anzubieten. Im Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ erarbeiten Präventionsallianzen aus Wissenschaft, Wirtschaft und dem Arbeits- und Gesundheitsschutz in 30 bundesweit geförderten Verbundprojekten anwendungsorientierte Ansätze für eine präventive Arbeitsgestaltung. Diese werden auf dem A+A Kongress und an einem eigenen Stand beim Treffpunkt Sicherheit und Gesundheit der A+A Fachmesse vorgestellt.
Auf einer ständig aktualisierten Übersicht sind alle Veranstaltungen des A+A Kongresses sowohl zeitlich als auch nach Art der Veranstaltung sortiert.