Aktionsprogramm „Staub war gestern“ will die reine, gesunde Baustelle

Weithin sichtbare Staubwolken waren über viele Jahre ein sicheres Warnsignal: Achtung Baustelle! Doch diese Zeiten sollen vorbei sein – jedenfalls wenn es nach einem Aktionsprogramm mit 22 Partnern geht, zu denen das Bundesarbeitsministerium, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und die Berufsgenossenschaft Bau zählt: „Staub war gestern“ lautet das Motto des Bündnisses, das sich 2016 zusammengefunden und jetzt eine Zwischenbilanz gezogen hat. Die Ziele, Strategien und Erfolge des Aktionsprogramms werden beim A+A Kongress am 6. November 2019 vorgestellt und diskutiert – gemeinsam mit Partnern des Bündnisses im Rahmen eines anwenderorientieren Workshops (d.h. Demonstration innovativer staubarmer Techniken, moderner Methoden zur Qualifikation der Unternehmen in fünf Themeninseln). Tickets für die A+A 2019 sind online erhältlich.

Die Zwischenbilanz zum Thema „Staub war gestern“ fiel jetzt nicht durchweg positiv aus: „Technische Lösungen werden in der Praxis immer noch zu wenig eingesetzt“, sagt Dr. Astrid Smola vom Bundesarbeitsministerium. Wohin das führt, erklärt Dr. Rüdiger Pipke, Leiter des Fachbereichs „Gefahrstoffe und biologische Arbeitsstoffe“ bei der BAuA: „Vor allem ultrafeine Stäube überlasten die Selbstreinigungskräfte der Lunge auf Dauer und die Erkrankungszahlen sinken bisher nicht nennenswert.“ 25 390 Erkrankungen der Atemwege, Lungen, des Rippenfels oder des Bauchfells wurden nach letzten Zahlen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) von 2017 mit Verdacht auf Berufserkrankung angezeigt, davon wurden 5185 Fälle anerkannt.

Vor allem kleine Betriebe mit höchstens sechs Beschäftigten sind laut Pipke schwer zu erreichen – sie erfahren immer noch zu wenig über die Möglichkeiten, Staub zu vermeiden. Eine Maske braucht nämlich heute keiner mehr, weil Staub inzwischen direkt innerhalb des Bohrers abgesaugt und zudem aus der Luft herausgefiltert werden kann. Außerdem gibt es Baumaterialmischungen mit Zusätzen, die Staubwolken beim Aus- und Abkippen verhindern. Die Mitglieder des Aktionsbündnisses haben Mittel und Wege ersonnen, um diese Technologien weiter zu verbreiten: Die Berufsgenossenschaft gibt 500 Euro als Unterstützung dazu, wenn eine Firma Entstauber und Luftreinigungssysteme kaufen, die schon für ab circa 1000 Euro zu haben sind. „Außerdem können wir Baustellen stilllegen, wenn es dort staubt“, sagt Pipke. Die Gefahrstoff-Verordnung schreibt entsprechende Kontrollen in Betrieben vor.Aber das staubfreie Arbeiten eröffnet noch ganz andere Vorteile – nämlich einen Imagewandel des „dreckigen“ Handwerks, was es für Auszubildende attraktiv macht, wieder einen Bauberuf wie Schreiner, Maurer oder Fliesenleger zu erlernen. „Der Imagewandel ist notwendig, denn 52 Prozent der Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden. Wir haben es vernachlässigt, Jugendliche fürs Handwerk zu begeistern“, erklärt Norbert Kluger, Leiter Abteilung „Stoffliche Gefährdungen“ der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU). Schüler, die die moderne Technik kennenlernen, bekommen einen anderen Eindruck von ihrem möglichen künftigen Beruf – deshalb lädt das Staub-Aktionsbündnis jetzt jährlich zu einer Technik-Ausstellung in die DASA-Arbeitswelt-Ausstellung in Dortmund. Betriebe, die Badezimmer oder Küchen sanieren, ohne dabei die ganze Wohnung oder das Haus zu verschmutzen, werden zudem gern aus diesem Grund weiterempfohlen – und können mit ihrer sauberen Arbeit Werbung machen. Auf der Homepage des Aktionsbündnisses gibt es Handlungshilfen und Branchenlösungen zum Download.